Das HAB wurde als eine Sammlung anerkannter Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln verfasst mit dem Ziel, dass die homöopathischen Arzneimittel den Anforderungen bezüglich der pharmazeutischen Qualität und Unbedenklichkeit genügen und nach definierten Regeln hergestellt werden.
Im Vorwort wird die Vorgehensweise der Verfasser wie folgt begründet: „Bedingt durch die besondere Anwendung homöopathischer Arzneimittel war es erforderlich, Regeln und Vorschriften aufzunehmen, die naturwissenschaftlich nicht begründbar sind; es handelt sich […] um historisch bedingte Regeln, die im Interesse gleich bleibender Zubereitungen beibehalten wurden.“ Diesem Anspruch wird das HAB leider nicht gerecht, indem nämlich gerade „historisch bedingte Regeln“ zu wenig oder gar nicht berücksichtigt wurden.
Zugegebenermaßen gibt es viele Probleme auf dem Sektor Herstellung homöopathischer Arzneimittel. Diese können aber nicht allein durch Anlegen naturwissenschaftlicher und pharmazeutisch-technischer Kriterien gelöst werden, sondern eben gerade nur im Zusammenhang mit genauer Berücksichtigung der historischen Quellen.
Folgende Abweichungen von wichtigen historischen Quellen finden sich im HAB:
Änderungen in der Nomenklatur Die langjährige Geschichte der Homöopathie hat eine eigene Nomenklatur hervorgebracht, die in ihrer umfangreichen Literatur wie den Repertorien, Materiae medicae usw. international verbreitet ist. Als Titel zahlreicher Monographien wurden im HAB „moderne“ Namen eingeführt und die bisher gebräuchlichen bestenfalls noch als Monographie-Untertitel zugelassen. Im Falle von Antimonium crudum darf dieser Name gar nicht mehr geführt werden. Tab. 2.4 liefert einige Beispiele.
Tab. 2.4 Änderungen in der Nomenklatur
In der Homöopathie gebräuchlicher Name
HAB Monographie-Titel
Arsenicum album
Acidum arsenicosum
Antimonium crudum
Stibium sulfuratum nigrum (die Bezeichnung Antimonium crudumentfällt!)
Cantharis
Lytta vesicatoria
Nux moschata
Myristica fragrans
Silicea
Acidum silicicum
Andere Ausgangssubstanzen und andere Potenzierung Einige Ausgangssubstanzen in den HAB-Monographien weichen von den tatsächlich geprüften Ausgangssubstanzen ab
Tab. 2.5 Unterschiede der Ausgangssubstanzen
Ausgangssubstanz der Arzneimittelprüfung
Ausgangssubstanz der HAB-Monographie
Arnica: ganze frische Pflanze
Arnica montana:getrocknete Wurzel
Arnica montana ex planta tota: ganze frische Pflanze (liefert somit das bessere Präparat)
Apis: frisch gewonnenes Bienengift
Apis: Tinktur der ganzen Biene
Apisinum:getrocknetes Bienengift
Bryonia: Wurzel der Bryonia alba
Bryonia: Wurzeln der Bryonia alba und B. cretica ssp. dioica
Causticum Hahnemanni:Präparation nach Hahnemanns Vorschrift, das den Forschungen des Verfassers zufolge aus einer verdünnten Kalilauge bestand
Causticum Hahnemanni:Präparat darf nicht alkalisch sein und somit keine Kalilauge enthalten
Petroleum: rohes, unbehandeltes Petroleum, Potenzierung durch Verreibung
Petroleum:rectifiziertes Petroleum, Potenzierung als Dilution
Folgende Arzneimittel werden nach HAB flüssig potenziert und nicht durch Verreiben bis C3, wie in Hahnemanns Literatur vorgegeben: Ammonium carbonicum, Ambra, Iodium, Lycopodium, Natrium chloratum, Petroleum und Sulfur.
Herstellungsvorschriften, die nicht mit den ursprünglichen Quellen übereinstimmen (Tab. 2.7) Da es im Homöopathischen Arzneibuch keine Vorschrift zur Verreibung von Frischpflanzen gibt, ersetzen einige Hersteller diesen Schritt durch Verreiben – genauer: durch Mischen – von Urtinkturen. Dies wiederum ist insbesondere für Q-Potenzen bedeutsam, da hier immer von einer C3-Verreibung ausgegangen werden muss.
Verreibungen (Vorschrift 6) werden nur bis zur C4 bzw. D4 korrekt verrieben, ab da darf verrieben oder nur gemischt werden (Tab. 2.6, Kap. 2.4.5).
– Z.B. wird eine C30-Dilution, mit der dann Globuli befeuchtet werden, bei festen Ausgangssubstanzen durch Auflösen einer C6 hergestellt, wobei aber die Potenzen C5 und C6 verrieben oder nur gemischt werden.
– Verreibungen dürfen bis zu einer Menge von 1000 g von Hand hergestellt werden. Hahnemann dagegen hat nur eine Menge bis ca. 6 g von Hand verrieben. Größere Mengen – bis 1000 g – können von Hand nicht genauso intensiv verrieben werden wie kleinere.
– Verreibungen aus Urtinkturen und Lösungen (Vorschrift 7) werden nur durch Mischen, nicht durch einstündiges Verreiben pro Potenzstufe hergestellt. Dies hat zur Folge, dass Q-Potenzen aus flüssigen Ausgangssubstanzen wie z.B. Muriaticum acidum (im HAB Acidum hydrochloricum genannt) nicht korrekt
hergestellt werden, da auch Muriaticum acidum bis C3 als Zwischenstufe für die Q1 korrekt verrieben werden muss. Da eine Vorschrift zur Verreibung von Frischpflanzen fehlt und stattdessen die Urtinktur nach Vorschrift 7 verarbeitet wird – also gemischt statt verrieben –, führt dies zu Q-Potenzen anderer Qualität als bei Befolgung von Hahnemanns Vorschrift in ORG VI.
Tabletten (Vorschrift 9) werden aus Verreibungen gepresst. Als Hilfsstoffe können Stärke und Calciumbehenat oder Magnesiumstearat, die beide homöopathisch nicht geprüft und somit nur fraglich als arzneilich indifferent anzusehen sind, zugesetzt werden. Außerdem können höhere Verreibungsstufen als C4 und D4, aus denen Tabletten gepresst werden, durch Mischen oder Verreiben hergestellt werden (Tab. 2.6).
Globuli: Die kleinste Globuligröße des HAB ist Größe 1: 470–530 Streukügelchen wiegen 1 g. Die von Hahnemann häufig benutzten kleinsten Globuli, aus Saccharose und Stärke bestehend, von denen ca. 1600 1 g wiegen, fehlen.
Die Herstellungsvorschrift für Q-Potenzen(Vorschrift 17) weicht deutlich von der Hahnemanns in ORG VI ab (Tab. 2.6):
– Eine Vorschrift zur Verreibung von Frischpflanzen fehlt. Die Vorschriften 1–3 beziehen sich auf die Herstellung von Tinkturen, nicht auf die von Triturationen (s.o.).
– Vorschrift 7 für Verreibung flüssiger Ausgangssubstanzen führt nur zu Mischungen, nicht zu „echten“ dreistündigen Verreibungen (s.o.).
– Die Verwendung einer anderen Globuligröße und eines geänderten Verfahrens zur Imprägnierung führt vermutlich zu anderen Verdünnungsschritten als bei Hahnemann.
Tab. 2.6 Übersicht über die Potenzreihen des HAB
Tab. 2.7 Methoden Hahnemanns und seiner Zeitgenossen – Methoden des HAB
Hahnemann und seine Zeitgenossen
HAB (am Beispiel der C-Potenzen)
Identität der Ausgangssubstanz: Übereinstimmung mit Prüfsubstanz
Übereinstimmung
Z.T. falsche Ausgangssubstanzen
(Apis, Bryonia,Causticum, Petroleumetc.)
Nomenklatur
Meist einheitlich
Oft abweichend (z.B.Lytta vesicatoria)
Potenzierverfahren bei löslichen oder flüssigen AS (z.B. Iodium, Muriaticum acidum) gem. AMP
→ Verreibung
Entfällt
→ Auflösung
–
→ Flüssige Potenzierung
→ Flüssige Potenzierung
→ Globuli
→ Globuli
Vorstufe zu Q-Potenzen aus:
• Festen Ausgangssubstanzen
→ Verreibung bis C3
→ Verreibung bis C3
• Frischpflanzen und Teilen
→ Verreibung bis C3
Keine Frischpflanzenverreibung, stattdessen
→ C3-Mischung der Urtinktur
• Flüssigen Ausgangssubstanzen
→ Verreibung bis C3
→ C3-Mischung der Urtinktur
Hahnemann und seine Zeitgenossen
HAB (am Beispiel der C-Potenzen)
Chargengröße:
• Bei Verreibungen
Ca. 6 g
Bis 1000 g manuell
• Bei Dilutionen
Ca. 100 Trp.
Keine Angabe
Wiederverwendbarkeit der Potenziergläschen
Nein
Ja
Zusammensetzung der Globuli
Saccharose und Stärke
Saccharose
Globuligrößen
Ca. 1600/g bis ca. 334/g
470/g bis 2/g
Einglaspotenzen
Hering, Jenichen, Korsakoff
Nein
Ferner enthält das HAB keine Vorschrift zur Herstellung von Einglaspotenzen und maschinellen Hochpotenzen. Dadurch wird deren Inverkehrbringen im Geltungsbereich des AMG als Fertigarzneimittel erschwert bzw. unmöglich.
Im Vorwort wird die Vorgehensweise der Verfasser wie folgt begründet: „Bedingt durch die besondere Anwendung homöopathischer Arzneimittel war es erforderlich, Regeln und Vorschriften aufzunehmen, die naturwissenschaftlich nicht begründbar sind; es handelt sich […] um historisch bedingte Regeln, die im Interesse gleich bleibender Zubereitungen beibehalten wurden.“ Diesem Anspruch wird das HAB leider nicht gerecht, indem nämlich gerade „historisch bedingte Regeln“ zu wenig oder gar nicht berücksichtigt wurden.
Zugegebenermaßen gibt es viele Probleme auf dem Sektor Herstellung homöopathischer Arzneimittel. Diese können aber nicht allein durch Anlegen naturwissenschaftlicher und pharmazeutisch-technischer Kriterien gelöst werden, sondern eben gerade nur im Zusammenhang mit genauer Berücksichtigung der historischen Quellen.
Folgende Abweichungen von wichtigen historischen Quellen finden sich im HAB:
Änderungen in der Nomenklatur Die langjährige Geschichte der Homöopathie hat eine eigene Nomenklatur hervorgebracht, die in ihrer umfangreichen Literatur wie den Repertorien, Materiae medicae usw. international verbreitet ist. Als Titel zahlreicher Monographien wurden im HAB „moderne“ Namen eingeführt und die bisher gebräuchlichen bestenfalls noch als Monographie-Untertitel zugelassen. Im Falle von Antimonium crudum darf dieser Name gar nicht mehr geführt werden. Tab. 2.4 liefert einige Beispiele.
Tab. 2.4 Änderungen in der Nomenklatur
In der Homöopathie gebräuchlicher Name
HAB Monographie-Titel
Arsenicum album
Acidum arsenicosum
Antimonium crudum
Stibium sulfuratum nigrum (die Bezeichnung Antimonium crudumentfällt!)
Cantharis
Lytta vesicatoria
Nux moschata
Myristica fragrans
Silicea
Acidum silicicum
Andere Ausgangssubstanzen und andere Potenzierung Einige Ausgangssubstanzen in den HAB-Monographien weichen von den tatsächlich geprüften Ausgangssubstanzen ab
Tab. 2.5 Unterschiede der Ausgangssubstanzen
Ausgangssubstanz der Arzneimittelprüfung
Ausgangssubstanz der HAB-Monographie
Arnica: ganze frische Pflanze
Arnica montana:getrocknete Wurzel
Arnica montana ex planta tota: ganze frische Pflanze (liefert somit das bessere Präparat)
Apis: frisch gewonnenes Bienengift
Apis: Tinktur der ganzen Biene
Apisinum:getrocknetes Bienengift
Bryonia: Wurzel der Bryonia alba
Bryonia: Wurzeln der Bryonia alba und B. cretica ssp. dioica
Causticum Hahnemanni:Präparation nach Hahnemanns Vorschrift, das den Forschungen des Verfassers zufolge aus einer verdünnten Kalilauge bestand
Causticum Hahnemanni:Präparat darf nicht alkalisch sein und somit keine Kalilauge enthalten
Petroleum: rohes, unbehandeltes Petroleum, Potenzierung durch Verreibung
Petroleum:rectifiziertes Petroleum, Potenzierung als Dilution
Folgende Arzneimittel werden nach HAB flüssig potenziert und nicht durch Verreiben bis C3, wie in Hahnemanns Literatur vorgegeben: Ammonium carbonicum, Ambra, Iodium, Lycopodium, Natrium chloratum, Petroleum und Sulfur.
Herstellungsvorschriften, die nicht mit den ursprünglichen Quellen übereinstimmen (Tab. 2.7) Da es im Homöopathischen Arzneibuch keine Vorschrift zur Verreibung von Frischpflanzen gibt, ersetzen einige Hersteller diesen Schritt durch Verreiben – genauer: durch Mischen – von Urtinkturen. Dies wiederum ist insbesondere für Q-Potenzen bedeutsam, da hier immer von einer C3-Verreibung ausgegangen werden muss.
Verreibungen (Vorschrift 6) werden nur bis zur C4 bzw. D4 korrekt verrieben, ab da darf verrieben oder nur gemischt werden (Tab. 2.6, Kap. 2.4.5).
– Z.B. wird eine C30-Dilution, mit der dann Globuli befeuchtet werden, bei festen Ausgangssubstanzen durch Auflösen einer C6 hergestellt, wobei aber die Potenzen C5 und C6 verrieben oder nur gemischt werden.
– Verreibungen dürfen bis zu einer Menge von 1000 g von Hand hergestellt werden. Hahnemann dagegen hat nur eine Menge bis ca. 6 g von Hand verrieben. Größere Mengen – bis 1000 g – können von Hand nicht genauso intensiv verrieben werden wie kleinere.
– Verreibungen aus Urtinkturen und Lösungen (Vorschrift 7) werden nur durch Mischen, nicht durch einstündiges Verreiben pro Potenzstufe hergestellt. Dies hat zur Folge, dass Q-Potenzen aus flüssigen Ausgangssubstanzen wie z.B. Muriaticum acidum (im HAB Acidum hydrochloricum genannt) nicht korrekt
hergestellt werden, da auch Muriaticum acidum bis C3 als Zwischenstufe für die Q1 korrekt verrieben werden muss. Da eine Vorschrift zur Verreibung von Frischpflanzen fehlt und stattdessen die Urtinktur nach Vorschrift 7 verarbeitet wird – also gemischt statt verrieben –, führt dies zu Q-Potenzen anderer Qualität als bei Befolgung von Hahnemanns Vorschrift in ORG VI.
Tabletten (Vorschrift 9) werden aus Verreibungen gepresst. Als Hilfsstoffe können Stärke und Calciumbehenat oder Magnesiumstearat, die beide homöopathisch nicht geprüft und somit nur fraglich als arzneilich indifferent anzusehen sind, zugesetzt werden. Außerdem können höhere Verreibungsstufen als C4 und D4, aus denen Tabletten gepresst werden, durch Mischen oder Verreiben hergestellt werden (Tab. 2.6).
Globuli: Die kleinste Globuligröße des HAB ist Größe 1: 470–530 Streukügelchen wiegen 1 g. Die von Hahnemann häufig benutzten kleinsten Globuli, aus Saccharose und Stärke bestehend, von denen ca. 1600 1 g wiegen, fehlen.
Die Herstellungsvorschrift für Q-Potenzen(Vorschrift 17) weicht deutlich von der Hahnemanns in ORG VI ab (Tab. 2.6):
– Eine Vorschrift zur Verreibung von Frischpflanzen fehlt. Die Vorschriften 1–3 beziehen sich auf die Herstellung von Tinkturen, nicht auf die von Triturationen (s.o.).
– Vorschrift 7 für Verreibung flüssiger Ausgangssubstanzen führt nur zu Mischungen, nicht zu „echten“ dreistündigen Verreibungen (s.o.).
– Die Verwendung einer anderen Globuligröße und eines geänderten Verfahrens zur Imprägnierung führt vermutlich zu anderen Verdünnungsschritten als bei Hahnemann.
Tab. 2.6 Übersicht über die Potenzreihen des HAB
Tab. 2.7 Methoden Hahnemanns und seiner Zeitgenossen – Methoden des HAB
Hahnemann und seine Zeitgenossen
HAB (am Beispiel der C-Potenzen)
Identität der Ausgangssubstanz: Übereinstimmung mit Prüfsubstanz
Übereinstimmung
Z.T. falsche Ausgangssubstanzen
(Apis, Bryonia,Causticum, Petroleumetc.)
Nomenklatur
Meist einheitlich
Oft abweichend (z.B.Lytta vesicatoria)
Potenzierverfahren bei löslichen oder flüssigen AS (z.B. Iodium, Muriaticum acidum) gem. AMP
→ Verreibung
Entfällt
→ Auflösung
–
→ Flüssige Potenzierung
→ Flüssige Potenzierung
→ Globuli
→ Globuli
Vorstufe zu Q-Potenzen aus:
• Festen Ausgangssubstanzen
→ Verreibung bis C3
→ Verreibung bis C3
• Frischpflanzen und Teilen
→ Verreibung bis C3
Keine Frischpflanzenverreibung, stattdessen
→ C3-Mischung der Urtinktur
• Flüssigen Ausgangssubstanzen
→ Verreibung bis C3
→ C3-Mischung der Urtinktur
Hahnemann und seine Zeitgenossen
HAB (am Beispiel der C-Potenzen)
Chargengröße:
• Bei Verreibungen
Ca. 6 g
Bis 1000 g manuell
• Bei Dilutionen
Ca. 100 Trp.
Keine Angabe
Wiederverwendbarkeit der Potenziergläschen
Nein
Ja
Zusammensetzung der Globuli
Saccharose und Stärke
Saccharose
Globuligrößen
Ca. 1600/g bis ca. 334/g
470/g bis 2/g
Einglaspotenzen
Hering, Jenichen, Korsakoff
Nein
Ferner enthält das HAB keine Vorschrift zur Herstellung von Einglaspotenzen und maschinellen Hochpotenzen. Dadurch wird deren Inverkehrbringen im Geltungsbereich des AMG als Fertigarzneimittel erschwert bzw. unmöglich.